Arbeitszeugnisse selber schreiben

Die Leistungsbeurteilung ist ein fixer Bestandteil im Berufsleben geworden. Schließlich wechseln unzählige Angestellte jedes Jahr ihren Job. Sie alle haben Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Doch dieses ist für viele Vorgesetzte zur lästigen Pflicht geworden. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass sie Mitarbeiter ersuchen dieses selbst zu formulieren. Der Chef unterzeichnet dieses anschließend, um die gesetzlich vorgeschriebene Form zu wahren.

 

Arbeitszeugnis selber schreiben

 

Diese Vorgangsweise ist längst kein Einzelfall mehr. Eine Studie der Fachhochschule Jena kam schon 2017 zu dem Schluss, dass rund 40 Prozent der befragten Unternehmen zumindest einmal das Arbeitszeugnis ihrer Mitarbeiter nicht selbst verfasst hatten. Aufbau und sprachliche Codes kennen

Das hörte sich im ersten Moment nach einer großen Chance an. Denn so hat der Arbeitnehmer theoretisch die Möglichkeit sich und seine Arbeitsleitung im besten Licht erscheinen zu lassen. Doch das Verfassen des eigenen Zeugnisses hat auch seine Tücken.

Wer die Sprache von Arbeitszeugnissen nicht kennt, kann schnell in die Situation geraten, dass er sich aus Versehen eine weniger gute Beurteilung ausstellt. Dann wird die Chance sehr schnell zu einem Fluch. Um dies zu vermeiden, muss man den Aufbau und die sprachlichen Codes kennen und entsprechend formulieren können.

 

Den formellen Rahmen einhalten

Die Versuchung sein Arbeitszeugnis selbst zu schreiben ist verständlicherweise groß. Schließlich bietet es die Chance bei seinem neuen Arbeitgeber zu glänzen und seine Leistungen in strahlendem Licht erscheinen zu lassen. Doch bevor es so weit ist, gilt es den formellen Rahmen einzuhalten. Arbeitszeugnisse werden nach einem vorgegebenen Rahmen erstellt.

Gerade wenn man viele Jahre in einem Unternehmen gearbeitet hat, ist es gar nicht so einfach alle Tätigkeiten schnell parat zu haben. Daher ist jetzt Struktur gefragt.

  1. Das Arbeitszeugnis beginnt mit einer Einleitung. Diese beinhaltet den vollständigen Namen, das Geburtsdatum und jenen Zeitraum, indem man im Unternehmen gearbeitet hat.

  2. Danach folgen eine Beschreibung des Arbeitgebers, des Tätigkeitsfeldes, des beruflichen Werdegangs und jene Aufgaben, die der Mitarbeiter übernommen hat. Diese führt man am besten in Form einer Aufzählung und mit entsprechenden Zeitangaben an. Nun kommt der wirklich interessante Teil, auf den die Personalverantwortlichen besonderen Wert legen.

  3. Im Abschnitt Leistung und Sozialverhalten beschreibt das Arbeitszeugnis das Engagement und die Flexibilität des Mitarbeiters. Hier sollten die Talente und Erfolge im Mittelpunkt stehen. Die soziale Kompetenz, den freundlichen Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden kann man hier anhand von Beispielen belegen.

  4. Danach folgt eine Beschreibung über das Ende des Dienstverhältnisses. Hat der Mitarbeiter selbst gekündigt, dann sollte man dies damit begründen, dass „das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch hin beendet wurde“. Bei einer Auflösung oder einem Vergleich beschreibt man dies mit „das Arbeitsverhältnis endet im beiderseitigen besten Einvernehmen“. Kam es jedoch zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber, dann darf hier laut Gesetz lediglich das zeitliche Ende des Arbeitsverhältnisses beschrieben werden.

  5. In der Schlussformel ist es üblich, dass der Arbeitgeber den Abschied des Arbeitnehmers bedauert und ihm für seine weitere berufliche Zukunft alles Gute wünscht.

  6. Abschließend folgen das Datum und die Unterschrift des Vorgesetzten. Hier sollte man unbedingt dessen Titel und vollen Namen anführen. Es versteht sich von selbst, dass das Arbeitszeugnis keine Rechtschreib- oder Grammatikfehler enthalten darf.

Bis hierher scheint der Aufbau eines Arbeitszeugnisses nachvollziehbar zu sein. Doch die Tücke liegt wie immer im Detail. Denn Personalverantwortliche arbeiten mit eigenen sprachlichen Codes. Diese zu kennen und entschlüsseln zu können, ist der Schlüssel zum Erfolg, wenn es darum geht, dass man sein Arbeitszeugnis erfolgreich selbst verfassen soll.

 

Keine hemmungslosen Übertreibungen

Bestes Beispiel dafür sind Formulierungen wie „er erledigte die ihm übertragenen Aufgaben zur vollen Zufriedenheit“. Sie zeigen einem Personalverantwortlichen, dass der Mitarbeiter bestenfalls durchschnittlich gearbeitet hat. Steht im Arbeitszeugnis jedoch die Formulierung: „er erledigte die ihm übertragenen Arbeit stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ entspricht dies einer Top-Beurteilung. Diese kleinen aber feinen Unterschiede können entlarvend sein und über den Erfolg oder Misserfolg einer Bewerbung entscheiden.

Positive Arbeitszeugnisse erkennt der Spezialist an hemmungslosen Übertreibungen. Diese Superlative zeigt, dass der Bewerber tatsächlich Spitzenleistungen für sein vorheriges Unternehmen erbracht hat. In seinen Formulierungen sollten man daher immer Wörter wie „stets“, „optimal“, „äußerst“ und „zur vollsten Zufriedenheit“ verwenden. Diese Signalwörter entsprechen einer Notenbeurteilung von „sehr gut“.

 

Alle Aspekte der Arbeit beschreiben

Ein weiterer Trick bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen betrifft das Weglassen von offensichtlichen Tätigkeiten. Wenn man über einen Mitarbeiter nichts Gutes sagen kann, dann lässt man die Beschreibung von Kernbereichen einfach weg. Fehlt in der Tätigkeitsbeschreibung eines Kochs beispielsweise sein Umgang mit der Hygiene, dann ist das für einen Personalentscheider ein Alarmzeichen.

Wer sein Arbeitszeugnis selbst schreibt, sollte also peinlich genau darauf achten, dass er sämtliche Aspekte seiner Tätigkeit beschreibt. Neben den harten Fakten sind jedoch auch die Soft Skills gefragt. Dazu zählen beispielsweise das Auftreten im Unternehmen, ebenso wie Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit, Ausdauer, Initiative, Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen, Sorgfalt und Teamfähigkeit.

 

Die Formulierungen sollen zum Arbeitnehmer passen

Wer diese Bereiche ausgiebig beschreibt, gibt zukünftigen Arbeitgebern die Möglichkeit sich ein möglichst umfassendes Bild von dem Bewerber zu machen. Schließlich reicht eine tolle Arbeitsleistung schon lange nicht mehr aus, um sich gegen die Konkurrenz an Bewerbern durchzusetzen.

Eigenverantwortung, der Erfolg der Arbeit, eine offene und respektvolle Kommunikation und Eigeninitiative machen wertvolle Mitarbeiter aus. Das sollte auch im Arbeitszeugnis ausgiebig gewürdigt werden. Falsche Bescheidenheit hat hier keinen Platz. Gleichzeitig ist es wenig ratsam sich ausschließlich über den grünen Klee zu loben. Wichtig ist, dass das Arbeitszeugnis glaubwürdig klingt.

 

 

Formulierungen schreiben

 

 

Damit dies gelingt, ist es wichtig auf Individualität zu setzen. Die Formulierungen sollten zum Arbeitnehmer passen und zeigen, was dieser bereits geleistet hat. So wird das Arbeitszeugnis einzigartig und damit glaubwürdig. Im Mittelpunkt der Bewertung sollten die Talente und positiven Eigenschaften stehen. Sie verdienen eine besonders gute Bewertung.

Hier finden Sie einige Formulierungen nach Schulnoten sortiert.

 

Verhandlungsspielraum einplanen

Wer die Chance bekommt sein Arbeitszeugnis selber zu schreiben, sollte sich dieser Verantwortung bewusst sein. Hier gilt es nicht nur Wortwahl, Rechtschreibung und Grammatik, sondern auch den richtigen Aufbau zu beachten. Abschließend legt man das Arbeitszeugnis einem Arbeitgeber zur Unterschrift vor. Ist dieser mit einigen Formulierungen nicht einverstanden, dann ist es ratsam das Gespräch zu suchen und den Grund für die Ablehnung zu erkunden.

In der Diskussion finden sich normalerweise die Gründe dafür. Danach kann man gemeinsam überlegen, wie man zu einem Kompromissvorschlag kommt, der die Wünsche beider Seiten berücksichtigt. Wer mögliche Änderungswünsche bereits zuvor erkennt und einen Änderungsvorschlag mitbringt, kann diesen Verhandlungsspielraum für sich nutzen und mit seinem gewünschten Arbeitszeugnis das Unternehmen verlassen.